Im Auge der Sonne [Via Airportjournal]
[Original-Scan]
Keine kleine Aufgabe: das ganze Leben in neun Symbolen abzubilden
und künstlerisch umzusetzen. Der in Graz lebende Künstler Klaus Schrefler
arbeitet mit seinem Team seit drei Jahren daran und steht nun kurz vor der
Fertigstellung der ersten Phase seines Multimedia-Projektes „Intiñahui – im
Auge der Sonne“. Von Ellen Berg
Beliebig dürfen die Dinge auf keinen Fall sein. Oder
gar banal. Beides sind hoch favorisierte Schimpfworte von Klaus Schrefler.
Die Gefahr der Banalität oder Beliebigkeit ist aber wohl auch nicht so
groß, wenn man sich für ein Kunstprojekt entscheidet, das sich mit
nichts Kleinerem als dem ganzen Leben beschäftigt. Und sich daran macht,
den Kreislauf des Lebens in neun Symbole zusammenzufassen und künstlerisch
umzusetzen.
Der in Linz geborene Künstler hat vor mehr als drei Jahren damit begonnen,
im Rahmen eines 3D-Medienprojektes. Als Medienkünstler will sich Schrefler,
der unter dem Künstlernamen KaRaSu arbeitet, deshalb aber nicht bezeichnen
lassen. “Ich bin kein Medienkünstler oder Maler oder Fotograf, mir
geht es darum, das geeignete Mittel zum Ausdruck eines Prozesses zu finden”,
wehrt er sich gegen jede Festlegung. Und fügt hinzu: “Es ist in
der Kunst einfach nicht interessant, immer das Gleiche zu machen.” Was
wohl nicht nur für die Kunst gilt, wenn man einen Blick auf den Lebenslauf
des 34-jährigen wirft. Biologie-Studium – “Kunst zu studieren
war für mich nie ein Thema” –, Promotion, Unterrichtstätigkeit
an der Grazer Uni, 1995 dann die Entscheidung, hauptsächlich als Künstler
zu arbeiten. Es folgten Arbeiten und Ausstellungen als Maler, Fotograf, Videokünstler,
in denen er sich lange Zeit vor allem mit dem Thema Gewalt auseinandersetzte – ehe
vor drei Jahren die Arbeit an dem aktuellen Projekt begann.
Auslöser in Südamerika
Erste Formen angenommen hat die Idee während eines längeren Aufenthalts
in Süd- und Mittelamerika. „Das Thema Lebenszyklus hat mich schon
vor der Reise beschäftigt“, erzählt er, „es gab bereits
einen ersten Drehbuchentwurf, der allerdings im Unterschied zum heutigen Projekt
auf sieben Symbolen beruhte.“ Auslöser für die jetzige Form
von “Intiñahui” – was auf Quechua “Im Auge der
Sonne” bedeutet – war dann die Begegnung mit dem Bildhauer Luis
Viracocha in Quito, Ecuador, der ihn mit der Zahlenmystik der indigenen Bevölkerung
der Andenregion vertraut machte: Diese beruht auf den Zahlen eins bis neun,
die jeweils für einen Bereich des Lebenszyklus stehen.
Prozess in drei Phasen
Nach seiner Rückkehr in die Steiermark begann Schrefler dann mit der Interpretation
und Deutung, erarbeitete für jede Zahl ein Symbol und entwickelte sein
Script weiter – zu einem filmischen Werk in Form von neun 3D-animierten
Sequenzen, die jede Zahl und ihre Bedeutung lebendig werden lassen sollen.
Bis Ende des Jahres wird diese Arbeit abgeschlossen und im Rahmen von Großprojektionen
sichtbar werden.
„Für mich ist die Fertigstellung der Filmsequenzen aber erst der Abschluss
einer ersten Phase des Gesamtprojektes“, schränkt er ein, „das
visuelle Werk bildet eigentlich nur den Hintergrund der zweiten und dritten Phase
des Prozesses, um den es mir geht.” In einer zweiten Phase sollen dann
internationale Künstler das Ergebnis der Arbeit mit ihren jeweiligen Stilmitteln
interpretieren. „Mein Ziel ist ein Brückenschlag zwischen Moderne
und archaischem Wissen, ein Vereinen der Disziplinen“, legt er sich die
Latte nicht gerade niedrig.
Diskussion provozieren
Teil drei des Projektes ist ein theoretischer Ansatz, der eine öffentliche
Diskussion und Analyse der Situation der indigenen Kulturen vor dem Hintergrund
geänderter globaler Rahmenbedingungen provozieren soll. Allerdings: „Hier
geht es mir aber auch um die Darstellung durch die Betroffenen selbst, nicht
um eine losgelöste Interpretation aus der begrenzten eigenen, europäischen
Sicht“, betont er.
Die Chancen, dass alle drei Phasen umgesetzt werden können, stehen nicht
schlecht: Sowohl aus Ecuador als auch aus Guatemala gibt es bereits Einladungen
zur Realisierung der Pläne, in Österreich wird das Projekt vom Bundeskanzleramt,
dem Außenministerium, den Bundesländern Steiermark und Oberösterreich
sowie der Stadt Graz gefördert.
Wie weit der Weg zur Umsetzung einer einzelnen Phase ist, hat sich allerdings
während des vergangenen Jahres gezeigt.
Mehr als 400.000 Einzelbilder stecken in den neun 3D-Sequenzen, eine Aufgabe,
die sich nur mit Hilfe technischer Spezialisten bewältigen ließ und
den Künstler erstmals in die Situation brachte, nicht als Solist, sondern
mit einem Team ein Projekt umzusetzen. So arbeiten unter anderem Thomas Siegl,
der bereits mit Vito Acconci an der Murinsel gearbeitet hat und für die
3D-Konstruktion und -Animation verantwortlich ist, sowie Elmar Ranegger, Mitinhaber
von Imagewerk, der den Bereich Cut und Post Production übernommen hat,
seit mehr als einem Jahr allein an der technischen Umsetzung dieser ersten
Phase, die vorausgegangene künstlerische Arbeit und Konzeption nicht mit
eingerechnet.
Kein Ende in Sicht
Ein Ende des Ganzen ist also nicht abzusehen. „Für mich ist das
Ganze ein dynamischer Prozess, es gibt keinen direkten Schluss, jetzt ist bald
einmal das Filmwerk fertig, und dann wird man weitersehen“, so Schrefler.
Wo genau allerdings die Filme in den kommenden Wochen präsentiert werden
sollen, ist noch nicht klar. Möglichkeiten hat es zwar schon ein paar
gegeben, aber die waren irgendwie zu beliebig. Oder banal. Und wie gesagt:
Das kann er nun so überhaupt nicht leiden.
Infos über das Projekt finden sich unter der Adresse
www.inti.at
[Via Airportjournal, Ellen Berg, 07-12-03]
Steirermonat
03 [Original-Scan]
Sprache indigener Völker des amerikanischen
Kontinents, Sprache derer, die wir als Indianer bezeichnen. Cechua ist eine
solche Sprache. Und in dieser Sprache bedeutet "Intñahui" ungefähr
im "Auge der Sonne". Intiñahui ist aber auch ein Projekt
des Grazer Künstlers und Wissenschaftlers Klaus Schrefler. Ein "Visual
Media Kunstwerk in neun Teilen", das sich auf dem vom Grazer Kulturamt
und seinem Leiter Peter Grabensberger systematisch erweiterten Kulturserver
der Stadt Graz (www.kulturserver-graz.at)
dem Auge des Betrachters eröffnet. Eine vielschichtige Auseinandersetzung
mit dem Leben und seinen Erscheinungsformen. Animierte Bilder, Sounds, Fragen,
komplexe Zusammenhänge, keine eindeutigen Antworten. Andeutungen zur
Zeit, Phänomen-Vernetzungen. Klaus Schrefler: "Ein interdisziplinäres
und interkulturelles Kunstwerk, eine Spirale rund um das Phänomen des
Lebens, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Globalisierung, Unterdrückung,
Körper, Geist."
Schrefler ist, wenn man das einmal so formulieren darf, ein in fortgeschrittenem
Ausmaß denkender Künstler, eben auch noch dazu Wissenschaftler.
Botaniker, Ökologe, visueller Technologe. Und, obwohl das auf den ersten
Blik nicht immer so aussehen mag, niemals Esoteriker. In seinem Studio, das
er als "Museum of Modern Crime" bezeichnet, ist in Zusammenarbeit
mit Artisten wie Norbert Wally, Didi Bruckmayr und dem ecuadorianischen Bildhauer
Luis Viracocha ein hochverdichtetes, durch Soundexpressionen
unterlegtes visuelles Kunstwerk entstanden. Und man kann es anklicken!
[Steirermonat, Wolfgang Wildner, 27-03]
|