BASISSTRUKTUR FÜR DIE KUNSTSZENE GRAZ, August 2001

VORSCHLÄGE ZUM AKTIVEN UND VEREINTEN AUFBAU EINER BASISSTRUKTUR FÜR DIE KUNSTSZENE IN GRAZ [ZWISCHENBILANZ DER ARBEITSDISKUSSIONEN DEZ ´00 - JUL ´01] verfasst von Klaus Schrefler, Franz Blauensteiner, Rezka Kanzian, Ursula Litschauer unter Einbeziehung der Ergebnisse diverser Sitzungen Ausgehend von einer Reihe von Arbeitstreffen hier ein zusammenfassendes Protokoll der Erkenntnisse.

Dieses Papier sieht sich im Kontext mit einigen weiteren Kräften, die in jüngster Zeit die Wechsel in der kulturpolitischen Konstellation und das ins Haus stehende 2003 zum Anlaß für Bestrebungen dieser Art nehmen. - Deshalb wurde zur allgemeinen Info eine Blind Copy an die uns bekannten diesbezüglich aktiven Kreise gesendet. Falls wir in diesem Zusammenhang auf jemanden vergessen haben, tut uns das leid. Sinn und Zweck des offenen Briefes ist es, einen Schritt gegen die Vereinzelung und für ein gemeinsames Ziehen an einem Strang zu setzen.

INHALTE:

Einleitendes
Szene
Sub- und Hochkultur
Kulturkonzept
Die Derzeitige Kulturpolitik zeigt u.a. folgende Tendenz
Kulturamt als Schnittstelle
Weitere Initiationsvorschläge

Dr. Klaus Schrefler KaRaSu - MUSEUM OF MODERN CRIME
Gartengasse 21, A-8010 GRAZ
T +43.(0)676.636 0 343
http://karasu.mur.at & http://karasu.fuckhead.at

Werkraum Theater
Leitung: Mag. Rezka Kanzian & Franz Blauensteiner
Riesstrasse 132, A-8010 Graz
T +43 (0)316 / 31 90 70 - F +43 (0)316 / 32 29 14
Rezka: +43 (0)676 / 94 00 383
Franz: +43 (0)676 / 94 68 897
http://werkraum.mur.at
& http://www.werkraumtheater.at

Ursula Litschauer
Theater Asou
Lendkai 45, 8020 Graz
T/F +43.(0)316/77 31 93
http://scc.co.at/asou/

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EINLEITENDES ...ausgehend von der durchaus in vielerlei Hinsicht unbefriedigenden Situation der Freien Grazer Kunstszene... Vielerlei Ungereimtheiten in Zusammenhang mit 2003, sowie zahlreiche ausgebliebene Förderungen, verursachen unter den sogenannten Freien Kulturschaffenden Unstimmung. Die nicht gerade "einfache Situation der kulturellen Geldgeber" - in Zeiten eines je nach "Bedarf" gerechtfertigten Sparens - ist mittlerweile allen Kulturschaffenden klar. Um das ewige Gejammer über nicht erfolgte Subventionen um keinen weiteren "Akzent" zu bereichern, haben wir uns mit dem Ziel zusammengefunden, einen konstruktiven Beitrag bezüglich struktureller Kulturentwicklung zu leisten. Der viel beschworene Titel Kulturhauptstadt Graz mag zwar historisch vielleicht noch eine gewisse Gültigkeit besitzen, muß aber auf Grund der gegenwärtigen Situation, als Prädikat für die

FREIE SZENE - nicht zuletzt durch eine entsprechende öffentliche Kulturförderungspolitik - erst erworben werden, damit Graz dieser Eigenettiketierung als Kulturhauptstadt in Zukunft vielleicht gerecht werden kann.

SZENE Sprechen wir hier von der Szene, meinen wir damit all Jene, unabhängig von der Sparte, bewußt oder unfreiwillig, nicht im großen Apparat der staatlichen Kunstorganisation Unterschlupf gefunden Habenden.

SUB- UND HOCHKULTUR Die Freie Kulturszene muß wieder als Nährboden des kulturellen Lebens betrachtet werden, aus dem nicht zuletzt die Hochkultur sowohl kulturelle und dem Zeitgeist gefällige oder selbigem gegenläufige Tendenzen, als auch Personen requiriert. Dies prägt die kulturelle Lebensqualität einer Stadt, macht sie bunt und vielschichtig und für außerhalb interessant. Dafür braucht Sie jedoch, bei aller Selbstorganisation, eine Struktur, die es ermöglicht leistbare Arbeitsgrundbedingungen zu schaffen. Derzeit präsentieren viele freie Kunstschaffende ihre Arbeit notwendigerweise mittels selbst gefundener Wege und abseits der bereits bestehenden Strukturen. Die Situation der Freien ist keine ausschließlich Selbstgewählte, sondern Folge einer Jahre, wenn nicht Jahrzehnte andauernden Kulturpolitik, welche sich jetzt vor einem Mangel an Internationalität betrachten muß. Dieser wiederum ist in einem fehlenden Ausbau von für solche Erfolge geeigneten allgemein kulturfördernden Strukturen zu sehen. Auf diesen zu behebenden Mangel gilt es - will die Stadt Graz dem Prädikat Kulturhauptstadt nicht nur in populistischer Art und Weise gerecht werden - zum wiederholten Male aufmerksam zu machen.

KULTURKONZEPT Handelt es sich nicht gerade um eine Megacity, die ihre eigene Dynamik besitzt, läßt sich wohl kaum verleugnen, welch großen Einfluß ein entsprechendes Kulturkonzept hat. Geht man nicht davon aus, daß - wie auch schon aus dem Mund von politisch Verantwortlichen vernommen - selbiges von den Künstlern geschaffen werden muß, sondern selbstverständlich nur in Zusammenarbeit mit einem entsprechend strukturierten Kultur-Apparat funktionieren kann, scheint es nur als gemeinsame Intention möglich zu sein, einen neuen, fruchtbaren Weg einzuschlagen.

DIE DERZEITIGE KULTURPOLITIK ZEIGT U.A. FOLGENDE TENDENZ

o die Förderung von Großprojekten, die an der Basis vorbeigehen, bzw. diese ausschließen. Bei diesen Großförderungen durch die öffentliche Hand (Stadt-Land-Bund) handelt es sich um kulturelle Tourismuskonzepte, ohne jede Einbeziehung der lokalen und meist auch nicht der gesamtösterreichischen Freien Szene.

o Die zur Zeit herrschende Kulturförderungsituation, verleiht dem Ganzen mit dem Argument des Sparen Müssens, vor allem seitens des Landes und des Bundes einen unseriösen Charakter, sind doch die getätigten Sparmaßnahmen zu einem guten Teil von politischer Natur.

o den Versuch der mangelnden Internationalität des kulturellen Geschehens unserer Stadt Graz durch überwiegendem Zukauf von künstlerischen Kräften abzuhelfen (La strada, 2003, Steirischer Herbst,...)

o andererseits eine Vereinzelung und die Isolation von Subkultur, durch Förderungen im Kleinstformat unter Abhängigkeit

o Kontrolle, Zentralisierung sowie Bürokratisierung der Freien Szene von, durch die öffentliche Hand ermächtigte Interessensvertreter", Kuratorenverbände aus dem Bereich der Freien Szene

o Man kann sich oftmals des Eindrucks nicht erwehren, daß gerade von Seiten der Kulturpolitik wenig Interesse am kulturellen Geschehen abseits der Etablierten besteht. In der Folge ist es kaum verwunderlich, daß neuer Input nicht gefördert wird.

KONSEQUENZEN Die zum Teil verständliche Überlastung, hat viele Städte dazu bewegt, mit sogenannten freien, auf Zeit bestellten Kuratoren, Mittelspersonen einzusetzen, die sich ausschließlich mit der kulturellen Basis auseinandersetzen und als Knoten zur Spitze fungieren. Kunst ist mehr denn je in einem Bereich gelandet, wo sie nach wirtschaftlichen Kriterien eingeschätzt und behandelt wird - je mehr sich Kreative auf ihren Arbeitsprozeß beschränken, um so weniger Chancen haben sie in diesem Apparat zu Verdienst zu kommen - die Konsequenzen sind vielfältig, dem kreativen Schaffen und damit der Lebbarkeit sicherlich nicht förderlich, [aus welcher sich u.a. auch das Flair einer Stadt ergibt] In diesen Phänomenen sind die Wurzeln für den Mangel an Internationalität und für die prekäre Situation der Abwanderung von Kunstschaffenden, längst nicht mehr nur aus dem Bereich der Bildenden Kunst, zu suchen. Kulturelle Identität kann nur als Folge einer umfassenden und mutigen Kulturpolitik gesehen werden, sie ergibt sich vermutlich aber kaum infolge Wunschdenkens und touristisch orientierter Werbetrommel. Umsomehr ist der Zustrom von Kreativen von auswärts nur kurzfristig und dürftig, da Graz mehr einen lieblichen Eindruck hinterläßt, den Reiz einer offenen, mutigen und für junge Kunstschaffende interessanten Stadt jedoch kaum für sich beanspruchen kann. In Widerspruch würden diese Attribute wohl nicht stehen. daher bedarf es eines zukunftsorientierten und umfassenden

KULTURENTWICKLUNGSFÖRDERUNGSKONZEPTES - KULTURAMT ALS SCHNITTSTELLE

o Bedeutsam scheint es als ersten Schritt das Kulturamt unter anderem als eine Schnittstelle zwischen den freien Kunstschaffenden, Kulturinitiativen und Veranstaltern fungieren zu sehen, mit dem Ziel der Re-Organisation eines mittel- und langfristigen Kulturförderungskonzeptes. Betont soll werden, daß dadurch durchwegs nicht nur finanzielle sondern vor allem die strukturelle Basis geschaffen werden soll.

o Des Weiteren stellt die bereits erwähnte Einsetzung von politisch und künstlerisch unabhängigen Kuratoren eine Möglichkeit der unabhängigen und kritischen Hinterfragung dar, ermöglicht zumindest neuen Input und bringt teils längst überfällige Bewegung in erlahmte Apparate.

o Trotz immer wieder von verschiedener Seiten aus der Freien Szene gestarteter Versuche, fehlt Graz ein gemeinsames Herangehen an die strukturelle Entwicklung. Es liegt aber gerade auch in der Verantwortung einer guten Kulturpolitik, eine neue kulturelle Richtung vorzubereiten, deren Dynamik in der Folge selbsttätig zu einer funktionierenden und dynamischen Basis wird.

o Die Initiative für die strukturelle Basis ging in Linz beispielsweise vom Kulturamt aus und hat mit der Entwicklung eines gemeinsamen Kulturentwicklungsplans Wind in die kulturelle Szene gebracht. Das Projekt baut mittlerweile auf die Anerkennung in einer breiten Schicht von Kulturtragenden und hat damit letztendlich auch breiten Respons innerhalb der Bevölkerung nach sich gezogen.

WEITERE INITIATIONSVORSCHLÄGE

- Regelmäßige Szenetreffen im Kulturamt:
- themenzentrierte Kulturgespräche mit dem Leitgedanken " Kulturwege in die Zukunft"....
- Einladung aller so genannten freien Kulturschaffenden, jeweils einer Sparte, mit dem Ziel der Entwicklung, Schaffung bzw. einem Ausbau der für sie notwendigen Strukturen
- Spartenübergreifendes Kulturportal: - Aufbau und Leitung einer Homepage in Zusammenarbeit mit bereits vorhandenen Initiativen - Web-Präsentation mit Darstellung der gesamten künstlerischen Szene, gemeinsames Portal nach außen; Offene Diskussionsforen für jeweilige Sparten und zu allgemeinen Fragestellungen - Andockstelle für Tourismus und Wirtschaft
- Kulturinformationszentrum einen offenen Veranstaltungsort zu leistbaren Rahmenbedingungen für das kreative Schaffen; Ateliers, Probe
© Klaus KaRaSu Schrefler ´96-´04